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Saturday, September 24, 2011

Zwei Dollar geschenkt!

Also man kriegt ja nicht oft was geschenkt, aber heute hatte ich Geld in der Post - und ich haette es fast weggeworfen. Ich hab staending irgendwelche Sachen im Briefkasten, wo ich im meine Meinung gebeten werde und normalerweise schmeisse ich den Kram einfach weg. Heute habe ich allerdings den Brief von "The Nielsen Company" (so ein Meinungsumfrage Institut) mal aufgemacht, bevor er in den Muelleimer wanderte und - siehe da - es waren zwei nagelneue ein Dollarscheine drin. Ich hab ueberll nach dem Zettel gesucht, auf dem stand, dass ich das Geld zurueckgeben muessen, aber nichts. Ich hab dann den kleinen Umfragebogen ausgefuellt und innerhalb von drei Minuten hatte ich meine zwei Dollar verdient. Tata!
Ich moechte gar nicht wissen, wie viel Geld da in den letzten paar Wochen in den Muelle gewandert ist!
Danke Nielsen - hab ich mir einen halben Starbucks Kaffee erarbeitet.
Tschuess, Ihre Ella

Wednesday, September 7, 2011

Erster Schultag


Hallo!
Der Sommer ist eindeutig vorbei. Ob in Bocholt oder bei uns auf Long Island – überall hat diese Woche die Schule wieder angefangen und für Horden von kleinen I-Dötzchen hat der vermeintliche Ernst des Lebens begonnen. In den USA laeuft das mit dem ersten Schultag alles etwas anders als in Deutschland. Man ist da irgendwie unemotionaler: Stundenpläne werden schon während der 10-wöchigen (!) Ferien per Email an die Eltern verschickt, zusammen mit Einkaufslisten für den Büroartikel Großmarkt. Kaum jemand wird zur Schule gebracht – der große, gelbe Schulbus holt vom Erstklässler bis zum Abiturienten jeden an der Straßenecke ab. Und so stand auch Klein-Carlee, die Tochter meiner Freundin, am Mittwochmorgen mit Mama und Papa an der Straßenecke, ein Schild mit ihrem Namen, der Schule und dem Namen der Klassenlehrerin um den Hals, und fuhr, nach ein paar Fotos fürs Familienalbum, in die große, weite Welt davon. Erster Schultag, Unterricht von halb neun bis um drei und Hausaufgaben gabs dann auch schon auf. Und das Wichtigste: Kein Schultüte. Das kennen die hier nicht – auch so einen Bildungslücke. Ich hab meinen Arbeitskollegen heute erzählt, was eine Schultüte ist, und die haben mich mit großen Augen angeguckt als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Eine “School bag” mit Süssigkeiten, witzigen Radiergummis, Spielzeug und Wachsmalstiften ist halt nicht das, was amerikanische Kinder zur Einschulung bekommen – die bringen hier alle ihr eigenes Laptop mit in den Unterricht! Um den Amerikanern zu zeigen, wie Schultüte geht, habe ich sogar ein Foto von meinem ersten Schultag rausgekramt: Andrea, Denise, Petra und ich auf den Stufen der Josefschule, rausgeputzt bis zum Gehtnichtmehr, alles im feinsten Stil der 70er Jahre - Lederranzen, Schiefertafel und die überdimensionale Schultuete, die zu zeichnen unsere erste Hausaufgabe war. Gut, heute sind eher Spiderman, Barbie und Transformers auf den Schultüten – aber meine Kollegen haben begriffen, worum es geht.
Ansonsten ist der erste Schultag wohl überall auf der Welt ähnlich: Wie kann man sich nach den Sommerferien den Klassenkameraden wohl am besten präsentieren? Was ziehe ich an? Carlees 13-jaehrige Schwester Carolanne hat satte drei Wochen an ihrem “1. Schultag-Outfit” gearbeitet, sich dann für Cowboyboots, Minirock, weißes T-Shirt und Jeansjacke entschieden, nur um dann am Mittwochmorgen bei 15 Grad und Dauerregen alle Pläne verwerfen zu müssen.
Wie haben die Jungs den Sommer überlebt? Neben wem werde ich sitzen? Wie nahe kann ich neben meinem Schwarm sitzen? Zeigt meine Sommerbräune, dass ich weit weg im Urlaub war? Kriege ich nette Lehrer?
Meine Mutter hat mich immer in der Woche vor Schulanfang zum Klamotten kaufen mit in die Stadt genommen und am Nachmittag des ersten Schultags sind wir zusammen zu Karstadt und zu Hammesfahr und zu Boeckenhoff und Temming gegangen, um den ganzen Schulkram einzukaufen – das war fast schon ein Ritual. Und ich weiss noch ganz genau, wie ich am ersten Schultag im Mariengymnasium mit all den anderen Sextanern im Stadttheater gesessen und ängstlich darauf gewartet habe herauszufinden, wer in meiner Klasse sein wuerde.
Der erste Schultag kann das ganze Schuljahr entscheiden: Das Jahr, indem ich es geschafft hatte, vom ersten Tag an in Deutsch neben Thomas zu sitzen und aus seinen ordentlichst gefuehrten Heften abschreiben zu können, hat mir damals ein eins eingebracht.
Manchmal vermisse ich Schule (und Denise und Andrea).
Tschüss, Ihre Ella.

Monday, September 5, 2011

Wir haben Irene ueberlebt.!


Ich muss mich ja erstmal bei Ihnen bedanken – furs Daumen drücken während des Hurrikan! Sie glauben gar nicht, wie viele Freunde sich per Email nach unserem Wohlergehen erkundigt haben!  Zum Glück ist bei uns alles stehen geblieben, kein Baum ist umgefallen, nichts überflutet, nichts weggeweht – auch wenn unser Garten ein bisschen so aussieht, als hätten alle Bäumen spontanen Haarausfall gehabt: Es liegt alles voller Blätter! Aber angesichts der Schäden, die unsere Freunde und Bekannte so haben, will ich mich nicht beklagen.
Noch am Freitag vor dem Sturm hatte mich meine schwangere Freundin Denise angerufen und gefragt, ob sie und ihr Besuch aus Deutschland sich nicht im Notfall zu uns evakuieren koennten, da sie keinen Keller haben! Da wurde mir der Ernst der Lage dann erst so richtig klar. Als es am Samstagnachmittag dann so langsam los ging wurde es wirklich unheimlich. Es herrschte so was wie Todesstille: Kein Vogelgezwitscher, keine Nachbarn draussen, kein Auto zu hören – Endzeitstimmung.
Dann kam der Regen. Unaufhörlich. Ab Mitternacht dann der Sturm. Während der Liebste, nach einem letzten Blick übers Königreich, ins Bett ging und zwei Minuten später friedlich schnarchte, war ich die ganze Nacht wach.  Man konnte die ersten Sirenen hören, das Fernsehen berichtete von einer Sturmflut im Süden der Insel. Sechs Uhr – es wurde langsam hell. Zum Glück hatten wir immer noch Strom – im Gegensatz zu einer halben Million anderen. Die Brücken zum Festland waren geschlossen worden, da wurde man sich erstmal der Tatsache bewusst, dass man auf einer, wenn auch großen, Insel festsaß. Es stürmte immer noch wie wild und erst gegen 11 Uhr legte es sich.
Die ersten Freunde riefen an um über Schäden zu berichten: Dach weg, Keller jetzt Segelboot tauglich, Schwäne auf dem Teich, der gestern ein Rasen war, kein Strom, kein Strom, kein Strom. Scheinbar schienen wir die einzige Nachbarschaft mit Strom und Internet und Telefon zu sein.
Todesmutig, und entgegen der Ratschläge der Fernsehleute, beschloss der Liebste, eine Tour durch die Stadt zu machen. Natürlich in meinem Jeep! Weit kamen wir nicht: Schon in der Parallelstraße war eine riesige Eiche umgeknickt und blockierte die Durchfahrt. Wir schafften es irgendwie bis ins Stadtzentrum – alles überflutet, aber so ein Jeep schwimmt ja bekanntlich bestens. In einiger Entfernung konnte man Autos erkennen, die bis zum Dach im Wasser standen, und üeberall entwurzelte Bäume.
Wir starteten die verabredete Telefonkette mit den Nachbarn und organisierten ein “alles ist gut”-Barbeque für den gleichen Abend. Ich rief meine Tante Irene an (der Sturm war ja gleichen Namens) und forderte sie zum sofortigen Verlassen der Region auf, was sie nicht gleich verstand, danach aber ihren stürmischen Abzug Richtung Boston ankündigte. Meine Freundin Denise war noch immer auf der Suche nach ihrem Mann, der irgendwo zwischen Las Vegas und New York auf dem Rückweg von einem Junggesellen-Abschied im Sturm verschütt gegangen war und erst am Sonntagabend wieder auftauchte. (Er hatte es mit dem Flieger von Vegas nach Virginia geschafft und war dann, mitten im Sturm, mit einem Mietwagen weitergefahren). Denise hat ihr Baby zum Glück nicht während des Sturms bekommen, denn sonst hätte es mit Mittelnamen wohl Irene heißen müssen.
Drei Tage nach dem Sturm sind noch immer einige Freunde ohne Strom und heißes Wasser und unser Haus hat sich in eine Art Badeanstalt verwandelt, bei der “stromlose” Freunde zum Duschen anstehen.
Und draußen im Atlantik braut sich schon Sturm “Katia” zusammen. Soll sie ruhig kommen, ich hab noch 48 Flaschen Wasser im Keller.

Tschüss, Ihre Ella.