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Monday, September 5, 2011

Wir haben Irene ueberlebt.!


Ich muss mich ja erstmal bei Ihnen bedanken – furs Daumen drücken während des Hurrikan! Sie glauben gar nicht, wie viele Freunde sich per Email nach unserem Wohlergehen erkundigt haben!  Zum Glück ist bei uns alles stehen geblieben, kein Baum ist umgefallen, nichts überflutet, nichts weggeweht – auch wenn unser Garten ein bisschen so aussieht, als hätten alle Bäumen spontanen Haarausfall gehabt: Es liegt alles voller Blätter! Aber angesichts der Schäden, die unsere Freunde und Bekannte so haben, will ich mich nicht beklagen.
Noch am Freitag vor dem Sturm hatte mich meine schwangere Freundin Denise angerufen und gefragt, ob sie und ihr Besuch aus Deutschland sich nicht im Notfall zu uns evakuieren koennten, da sie keinen Keller haben! Da wurde mir der Ernst der Lage dann erst so richtig klar. Als es am Samstagnachmittag dann so langsam los ging wurde es wirklich unheimlich. Es herrschte so was wie Todesstille: Kein Vogelgezwitscher, keine Nachbarn draussen, kein Auto zu hören – Endzeitstimmung.
Dann kam der Regen. Unaufhörlich. Ab Mitternacht dann der Sturm. Während der Liebste, nach einem letzten Blick übers Königreich, ins Bett ging und zwei Minuten später friedlich schnarchte, war ich die ganze Nacht wach.  Man konnte die ersten Sirenen hören, das Fernsehen berichtete von einer Sturmflut im Süden der Insel. Sechs Uhr – es wurde langsam hell. Zum Glück hatten wir immer noch Strom – im Gegensatz zu einer halben Million anderen. Die Brücken zum Festland waren geschlossen worden, da wurde man sich erstmal der Tatsache bewusst, dass man auf einer, wenn auch großen, Insel festsaß. Es stürmte immer noch wie wild und erst gegen 11 Uhr legte es sich.
Die ersten Freunde riefen an um über Schäden zu berichten: Dach weg, Keller jetzt Segelboot tauglich, Schwäne auf dem Teich, der gestern ein Rasen war, kein Strom, kein Strom, kein Strom. Scheinbar schienen wir die einzige Nachbarschaft mit Strom und Internet und Telefon zu sein.
Todesmutig, und entgegen der Ratschläge der Fernsehleute, beschloss der Liebste, eine Tour durch die Stadt zu machen. Natürlich in meinem Jeep! Weit kamen wir nicht: Schon in der Parallelstraße war eine riesige Eiche umgeknickt und blockierte die Durchfahrt. Wir schafften es irgendwie bis ins Stadtzentrum – alles überflutet, aber so ein Jeep schwimmt ja bekanntlich bestens. In einiger Entfernung konnte man Autos erkennen, die bis zum Dach im Wasser standen, und üeberall entwurzelte Bäume.
Wir starteten die verabredete Telefonkette mit den Nachbarn und organisierten ein “alles ist gut”-Barbeque für den gleichen Abend. Ich rief meine Tante Irene an (der Sturm war ja gleichen Namens) und forderte sie zum sofortigen Verlassen der Region auf, was sie nicht gleich verstand, danach aber ihren stürmischen Abzug Richtung Boston ankündigte. Meine Freundin Denise war noch immer auf der Suche nach ihrem Mann, der irgendwo zwischen Las Vegas und New York auf dem Rückweg von einem Junggesellen-Abschied im Sturm verschütt gegangen war und erst am Sonntagabend wieder auftauchte. (Er hatte es mit dem Flieger von Vegas nach Virginia geschafft und war dann, mitten im Sturm, mit einem Mietwagen weitergefahren). Denise hat ihr Baby zum Glück nicht während des Sturms bekommen, denn sonst hätte es mit Mittelnamen wohl Irene heißen müssen.
Drei Tage nach dem Sturm sind noch immer einige Freunde ohne Strom und heißes Wasser und unser Haus hat sich in eine Art Badeanstalt verwandelt, bei der “stromlose” Freunde zum Duschen anstehen.
Und draußen im Atlantik braut sich schon Sturm “Katia” zusammen. Soll sie ruhig kommen, ich hab noch 48 Flaschen Wasser im Keller.

Tschüss, Ihre Ella.
 

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